Band 1:  Die andere Hälfte meiner Seele Teil IV:  Die Schatten ihrer Vergangenheit, die Illusion seiner Zukunft




Kapitel 2


Es war kalt.
      Delenn schlang ihre schwarze Robe noch fester um sich herum.  Es schien unmöglich.  Sie war auf einer Raumstation gewesen - der, die Captain Sheridan Babylon 4 nannte, derjenigen, der vorherbestimmt war, im letzten großen Krieg gegen die Schatten zu dienen, der Station, die der Armee des Lichts durch Valen selbst übergeben worden war, die Valen selbst beherbergte, der einst menschlich war - als sie sich plötzlich hier befand.
      Sie blickte erneut auf den Stein vor ihr und las die schlichten, in englisch und adronato eingravierten Worte.

JOHN SHERIDAN

ER RUHT AN EINEM ORT,

AN DEM ES KEINE SCHATTEN GIBT

      Sie hob langsam ihren Kopf und schaute sich um.  Der ganze Ort schien ihr so vertraut zu sein, aber sie konnte ihn nicht ganz einordnen.  Delenn sah einen bewölkten Himmel, einen fruchtlosen Horizont, die Andeutung von Bergen nicht weit entfernt.... und eine Stadt.  Oder zumindest das, was davon übrig geblieben war.
      Ihre Augen weiteten sich.  „Nein”, hauchte sie.  Das war unmöglich.  Sie kannte diese Stadt.  Es war Yedor, die Hauptstadt der Minbari-Föderation.  Ihre Heimat.  Sie war.... in Schutt und Asche gelegt worden, eingeebnet, zertrümmert.  Dieses.... dieses Ödland war Minbar, aber das war doch unmöglich!  Minbar war niemals so gewesen, niemals so kalt.
      Sie zog ihre Robe noch enger und stolperte vom Grab weg.  Sie erkannte diesen Ort jetzt.  Ihr Vater hatte sie hierher als Kind mitgenommen.  Sie hatten hier gegessen und auf den See gleich beim Gebirgskamm hinabgeschaut, den See, der das Licht und die Farben der kristallinen Rückstände einfing und sie so wunderschön reflektierte.  Den See, der....
      .... jetzt verblaßt war, dreckig und von Staub und Schlamm zugesetzt.  Sie taumelte an eine Stelle, wo die Wellen an das Ufer spülten, kniete sich nieder und schöpfte mit beiden Händen etwas Wasser.  Es war grau und dreckig.  Es leuchtete nicht einmal mehr.  Genauso wenig wie der Rest.
      Und dann sah sie den Hauch einer Reflektion ihrer Selbst.  Es war schlammig und verschwommen, aber es war ihr Spiegelbild, auch wenn es nicht vertraut erschien.
      „In Valens Namen”, hauchte sie, als ihr die Erkenntnis dämmerte.

      Sie blinzelte und sah, daß sie wieder auf Babylon 4 zurück war, in der Begleitung des Mannes, in dessen Namen sie geflucht hatte.  Sie lehnte an der Wand eines Korridors und er stand neben ihr.
      „Es war sehr schlimm, nicht wahr?” fragte er.  „Ich habe noch nie gesehen, daß jemand so lange weggetreten war wie Sie.”
      Sie hob eine Hand an ihre Stirn und tastete vorsichtig an den Konturen ihres Schädelknochens entlang.  Es war alles in Ordnung.  „War.... war das eine Vision dessen, was passieren wird oder was passieren könnte?”
      „Das wissen wir nicht”, antwortete er.  „Wir alle haben Bilder aus der Vergangenheit gesehen, Bilder, die überraschend genau waren.  Was die Zukunft betrifft.... kann niemand von uns sicher sein.”
      „Ich sah....  ich sah....”
      „Sagen Sie es mir nicht, Delenn.  Ich darf es nicht wissen.  Es ist mir nicht bestimmt, es zu wissen.”
      „Sie kennen meinen Namen”, flüsterte sie voller Erstaunen.  „Sie.... Sie kennen meinen Namen.”
      „Natürlich”, antwortete er mit einem Lächeln auf den Lippen.  „Und Sie kennen den meinen.  Oder Sie werden es tun.  Wir haben diese Station aus Ihrer Zukunft geholt, um sie tausend Jahre in die Vergangenheit mit zu nehmen.  Ich schrieb mir dann selbst einen Brief, in dem ich mir mitteilte, was passieren würde.  Ich habe auch Ihnen einen Brief geschrieben, wobei ich nicht weiß, ob Sie ihn erhalten haben.  Ich bin hier, um Sie um Ihre Hilfe zu bitten, Delenn - Ihre und Sheridans.  Nun jedoch glaube ich, daß ich hierhergekommen bin, um Ihnen zu helfen.  Wissen Sie, was Sie tun müssen?”
      „Ja”, flüsterte sie.  „Ja.  Ich sah es.... aber.... werden meine Handlungen zu dem führen, was ich gesehen habe?”
      „Das weiß ich nicht, Delenn.  Wie ich Ihnen schon einmal sagte, ich habe in der Zukunft keinen Platz mehr, nur noch in der Vergangenheit.  Das heißt natürlich, wenn wir es jemals bis dorthin schaffen.”
      „Was ist passiert?”
      „Wir waren soweit mit der Station zu starten, als der Feind angriff.  Es war ein schwerer Kampf, aber wir schafften es zu entkommen.  Ich.... weiß nicht, was mit meinen Freunden passierte, die uns verteidigt haben.  Einige der Feinde schafften es an Bord und versuchten uns zu töten.  Wenn sie es schaffen, ist die Vergangenheit dem Untergang geweiht, genauso wie wir alle.  Ich kam hierher in der Hoffnung, Ihre Hilfe zu erhalten, aber der Feind erwies sich als zu stark.”
      „Dann haben Sie die Nachricht geschickt?”
      Er verzog die Augenbrauen.  „Welche Nachricht?  Nein, wir haben es nicht bis in das Hauptkontrollzentrum geschafft.”
      „Wir erhielten eine Nachricht, mit der Bitte, daß ich und Captain Sheridan hierher kommen sollten und zwar allein.  Es muß eine Falle gewesen sein....  Sie haben ihn gefangen!”
      „Delenn, Sheridan ist ein.... kluger Mann.  Ich bin sicher, daß er....”
      „Nein.  Ich weiß es.  Sie haben ihn.  Der Feind hat ihn!”

*    *    *    *    *    *    *

„Susan....”, knurrte Sheridan.  Er konnte seine Rippen in seine Lunge stechen fühlen.  Sein sich dahin ziehender Kampf mit Kalain hatte ihn erschöpft und nun auch das noch, ein Querschläger der PPG, seine zwei Visionen von Anna - eine, wie er sie heiratete, die andere, wie er sie tötete - er fühlte sich krank, desorientiert und müde.
      Und er starrte eine Frau an, die er sehr gut kannte, oder es zumindest glaubte, aber Susan Ivanova hatte niemals so ausgesehen.
      Ihr rechtes Auge existierte nur noch als Narbengewebe, zerkratzt, regelrecht zerfetzt, wie es aussah jedoch eine alte Wunde.  Da waren aber auch noch tiefe Narben, die sich auf ihrer rechten Gesichtshälfte entlangzogen und ihren Mund permanent zu einem höhnischen Grinsen verzogen.  Ihr Haar war sehr kurz geschnitten worden und es gab Stellen auf ihrem Schädel, an denen überhaupt kein Haar mehr wuchs.
      „Susan.... was ist mit Ihnen geschehen?”
      Sie schien überrascht.  „Sie wissen nicht.... natürlich wissen Sie es nicht.  Welches Jahr haben wir?”
      Welches Jahr?  Sheridan versuchte aufzustehen.  Es gelang ihm nicht ganz und er fiel wieder zurück.  Susan sah ihn nur an und die einzige Emotion, die sich in ihrem Gesicht zeigte, war Neugier.  Jahr?  Welches Jahr wir haben?
      „Achtundfünfzig,” brummte er.  „Zweitausenzweihundert-Achtundfüfzig.”
      „Natürlich”, stieß sie hervor.  „Die Epsilon-Drei-Mission.  Ich erinnere mich zwar nicht, hiervon gehört zu haben, aber es sieht so aus, als ob Ihre Fertigkeit vage Berichte abzugeben hier mal wieder zum Vorschein gekommen wäre....  Das heißt.... das heißt, wir haben nicht gewonnen, oder....”  Es gab ein summendes Geräusch, das Sheridans Ohren schmerzte, und er riß die Arme hoch, um sie abzudecken.
      „Nein!” bellte Susan.  „Wir werden gewinnen.  Es wird so einfach sein.  Wir werden ihn als Köder benutzen.  Alles was wir tun müssen, ist einen Mann zu töten und dann ist alles vorbei, bevor es je begann.  Ich weiß, was ich tue, vertraut mir.”
      Redete sie mit ihm oder mit jemand anderem?  Er versuchte zu lauschen, aber er konnte nicht ganz verstehen, was sie sagte.  Das machte einfach keinen Sinn.  Nichts davon machte einen Sinn.
      Anna....
      Sein Kopf sank hinab und er wurde bewußtlos.

*    *    *    *    *    *    *

„Etwas Neues von den Anderen?” fragte Sinclair.  Er lehnte an der Wand.  Seine neue Biologie machte ihm noch etwas zu schaffen.  Er war noch nicht lange genug ein Minbari gewesen, um sich richtig anzupassen.  Nun, zumindest physisch war er noch nicht lange genug ein Minbari.  In Geist und Seele war er schon immer Minbari gewesen.
      „Nein, nein”, antwortete Zathras.  „Kein Wort.  Könnten am Leben sein, könnten tot sein, könnte schlimmer sein.  Der Feind hier sein.”
      „Ich wünschte....   Ich wünschte....”
      „Wenn Wünsche Fische wären, wäre im Meer kein Platz mehr für Wasser,” sagte Zathras und lächelte.  „Das Sprichwort der Menschen.  Zathras lernen das Sprichwort.  Sein gutes Sprichwort.  Es geben auf Zathras' Heimat zwar kein Wasser.  Nun, Fische auch nicht, aber sein trotzdem gutes Sprichwort.”
      „Wir müssen Sheridan helfen.”
      „Nein”, flüsterte Delenn und Sinclair sah sie an.  Es war.... überraschend, sie nach so langer Zeit wiederzusehen.  Sie hatte sich noch nicht verändert und er hatte sie als Voll-Minbari nicht gekannt, aber sie war eine seiner engsten Verbündeten und engsten Freunde gewesen.  Er hoffte, sie hatte den Angriff auf Epsilon 3 überlebt.  „Es ist eine Falle”, sagte sie langsam.  „Sie wollen Sie töten, Allerheiligster.  Wir können das nicht zulassen.”
      Unerwarteterweise fing Sinclair an zu lachen.  „Allerheiligster?  Sie haben mich noch nie so förmlich angeredet, Delenn.  Mein Name ist Jeffrey.  Ich würde es bevorzugen, wenn Sie ihn benutzen würden.”
      „Jeffrey?”  Sie schien den Namen seltsam zu finden, doch dann nickte sie.  „Wie Sie wünschen.... Jeffrey, aber dennoch ist es eine Falle.”
      „Ich weiß”, sagte er leise.  „Ich weiß, aber wie mir eine sehr weise und wunderschöne Frau einst sagte, ich habe ein Schicksal und ich weiß, daß mein Schicksal mir nicht erlauben wird, hier zu sterben.”  Er grinnste.  „Abgesehen davon habe ich etwas.... Hilfe.”
      Und sie verstand nun.  „Kosh,” flüsterte sie.  „Sein Name ist Kosh.”

*    *    *    *    *    *    *

„Schicksal.  Die Minbari sprechen die ganze Zeit davon.  Schicksal und Bestimmung.  Was war mein Schicksal denn schon?  Ich hätte dort stehen können, wo Sie jetzt stehen.  Ich hätte helfen können diesen Ort zu erbauen, ihn zu führen.  Ich hätte Ihre Uniform tragen können, an Ihrer Stelle sein können, und wofür das alles?  So daß ich hier sterben könnte, wie Sie.  So daß sie kommen würden, um mich zu holen, wie meine Mutter und meinen Vater.
      „Das Psi Corps und die Minbari.  Das Eine nicht besser als das Andere.  Das Eine nahm mir die Mutter, das Andere meinen Vater und meinen Bruder.  Meine Mutter war die Einzige, die mich so liebte, wie ich wirklich war. Wissen Sie, wie das war?  Mein Vater kümmerte sich nie um mich!  Mein Bruder....  Sie nahmen sie mir weg!
      „Und nun das.  Sehen Sie mich an, John.  Sie finden mich jetzt nicht mehr hübsch, oder?  Wenn ich mich richtig erinnere, taten Sie das einmal.  Aber nun nicht mehr, nein, jetzt nicht mehr.  Sie haben mir das angetan.  Es mag nicht Ihre Hand gewesen sein, aber es war Ihr Finger am Abzug und Ihre Hand am Dolch.
      „Warum konnten Sie nicht anders antworten?  Wenn Sie.... wenn Sie doch nur etwas anderes gesagt hätten.  Warum wollten Sie kein Geld oder Macht wie jeder normale Mensch.  Dann wären Sie für uns nutzlos gewesen und wir hätten Sie in Ruhe gelassen und Sie wären in diesem Gefängnis gestorben.  Aber nein, Sie mußten ja antworten, oder?  Die ganze Rache, die Wut und der Haß kamen hervor und haben uns alle verdammt.
      „Bei mir war das alles nur ein Unfall gewesen, sehen Sie.  Ich stürzte auf ihrem Planeten ab.  Es war ein Unfall, und als sie mich fragten, was ich wollte, habe ich nicht nachgedacht.  Ich war verletzt und sie versprachen mir zu helfen, also hörte ich zu und antwortete.  Aber Sie.... sie nennen Sie einen Nexus.  Alles dreht sich um Sie, und Sie haben uns an diesen Punkt geführt.  Denken Sie, ich wollte das?  Tun Sie das?  Nein.  Was wir wurden und was wir taten.... Sie haben uns dazu gebracht.”
      „Aber das wird keine Rolle mehr spielen, John.  Sehen Sie, das kann alles vorbei sein.  Sie werden Sie holen.  Ich weiß, daß sie das werden.... weil Sie wichtig sind.  Sie sind auch einfach für mich aufzuspüren.  Ich habe ein Ortungssystem in Ihren Körper implantiert.... oh, schon vor langer Zeit.  Und es funktioniert immer noch.  Sagen Sie über meine.... Freunde.... was immer Sie wollen, aber wenigstens wissen sie, wie man Geräte baut, die auch funktionieren.”
      „Und sie werden Sie holen.  Das müssen sie, und wir werden sie töten.  Wir werden Valen töten, die Geschichte verändern; wir werden gewinnen.  Keine Minbari, kein Kampf um die Erde.  Nichts davon wird jemals passiert sein.  Wir werden wieder frei sein, um unser eigenes Schicksal zu bestimmen, von Anfang an und dieses Mal.... dieses Mal wird alles besser werden.”
      „Und ich werde frei sein.”
      Sheridan schaute träge auf.  Er hatte zwei weitere Sprünge gehabt, einen zu der Zeit, als Elizabeth geboren wurde, und den anderen zum Zeitpunkt, als sie starb.  Er war müde, verletzt, litt und hörte kaum zu.  Er sah auf.
      „Sie können es jetzt nicht sehen”, sagte Susan.  „Aber das macht nichts.  Sie vertrauen mir nun, auch wenn sie nicht dabei sind.  Ich habe einen Wächter, sehen Sie.”
      „Wir haben alle unsere Wächter.”

*    *    *    *    *    *    *

Commander David Corwin schritt die Andockbuchten auf und ab.  Er war dort im Moment die einzige Person.  Die Sicherheitswachen waren zu den ihnen zugewiesenen Bereichen zurückgeschickt worden und die medizinische Abteilung behandelte Mr. Allan.  Alle Komplikationen oder Nachrichten vom Captain und Lieutenant Franklin würden direkt von der Brücke aus zu ihm durchgestellt werden.
      Trotzdem bezweifelte er, daß es eine Nachricht vom Captain geben würde.  Die Tachyon-Emissionen, die Babylon 4 umgaben, machten jede Form der Kommunikation unmöglich, obwohl die erste Nachricht ziemlich einfach herübergelangt war....
      Corwin war nicht paranoid.  Paranoide Menschen denken nur, daß jeder hinter ihnen her ist.  Corwin wußte, daß die Leute ihn verfolgten.  Nun, er wußte, daß man hinter dem Captain her war, und das lief mehr oder weniger auf's Selbe hinaus.
      Sein Link schaltete sich ein.  Es war Dr. Kyle.  „Mr. Allan geht es jetzt wieder besser, Commander.  Er bittet darum, zur Andockbucht zurückkehren zu dürfen.”
      „Nicht nötig, danke, Doktor.  Je weniger Leute hier sind, desto besser.”
      „Commander, ich denke, das ist unklug und eine Gefahr für Ihre Gesundheit.”  Corwin konnte praktisch den ablehnenden, strengen Blick in Kyles Gesicht sehen.  Er war immerhin alt genug, um wahrhaftig Corwins Vater zu sein.
      „Doktor, vertrauen Sie mir, ich....”  Er unterbrach.  „Es kommt zurück.”
      „Commander, das....”
      „Ich weiß, was ich tue, Doktor.  Corwin Ende.”  Er deaktivierte den Link und schaute die Figur im blauen Raumanzug an, die aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht war.
      „Sie sind es, nicht wahr?” fragte er.  „Ich dachte, zuvor schon, daß Sie es sein müßten, aber nun.... Sie sind es.”
      Die Gestalt bewegte sich nach vorne, aber stolperte und fiel, fast in Zeitlupe.  Er eilte an ihre Seite, aber zögerte dann bei der Erinnerung daran, was mit Mr. Allan passiert war.
      „Sie brauchen meine Hilfe.”
      Die Gestalt nickte.
      „Also dann, was kann ich für Sie tun?”  Die Erscheinung nahm langsam ihren Helm ab und sah Corwin an.  Dann erklärte sie es ihm.

*    *    *    *    *    *    *

„Ich weiß”, flüsterte Susan Ivanova ihren ständigen Begleitern zu.  „Da ist ein Vorlone.  Er kommt her.”
      Ein Vorlone...?  Sheridan versuchte aufzustehen, aber es schien, als hätte er nicht die nötige Energie.  Ein Vorlone.  Er hatte einmal einen Vorlon getroffen.  Auf Narn.  Mit G'Kar.  Er hatte ihm.... etwas gezeigt.  Er hatte ihm etwas zugeflüstert.  Seinen Namen.  Er hatte ihm.... er hatte ihm etwas gezeigt.... nur was?
      Er konnte sich nicht mehr daran erinnert.
      „Wachen Sie auf, John”, sagte Susan, nicht abweisend, aber auch nicht sehr herzlich.  „Ihre Minbari-Hure kommt Sie suchen und er ebenfalls.  Er kommt auch.”
      „Wen.... wen meinen Sie?” stammelte er.  Er versuchte wieder aufzustehen und es gelang ihm, einen Arm an einem Handgriff festzuhaken, um sich hochzuziehen.  Susan achtete kaum darauf.  Sie half ihm nicht, sondern sah ihn einfach nur an.
      „Ich nehme an, sie hat es Ihnen nicht gesagt, oder?  Nein, Wahrheitsliebe und Ehrlichkeit sind keine besonders hervorstechenden Eigenschaften der Minbari, auch wenn sie versuchen, das jedem weiß zu machen.  Minbari lügen nicht, sagen sie.  Vielleicht nicht, aber sie sagen auch nie die ganze Wahrheit.
      „Was wissen Sie über Valen?”
      Sheridan blinzelte und versuchte, den Nebel aus seinen Gedanken zu vertreiben.  Er kannte diesen Namen.  Delenn.... Delenn hatte ihn erwähnt.... er hatte den Namen schon einmal gehört.
      „Minbari.... nicht als Minbari geboren,” murmelte er.
      „Nun, vielleicht erzählt sie Ihnen doch einiges?  Bettgeflüster vielleicht.  Ja, Valen war ein nicht als Minbari geborener Minbari.  Er war tatsächlich ein Mensch, ein Mensch aus dieser Zeit, der eine Maschine benutzte, um sich in einen Minabri zu verwandeln, und er nahm diese Station mit in die Vergangenheit, zum letzten Krieg gegen mein Volk, wo er die Vorlonen und die Minbari und all die anderen perfekten kleinen Rassen zum Sieg führte.
      „Und stellen Sie sich unsere Überraschung vor, als wir all dies hier entdeckten.  Stellen Sie sich unsere Überraschung vor, als wir feststellten, daß einen Mann zu töten alles war, was wir tun müßten, um den Krieg zu gewinnen.  Die Minbari wären am Ende und.... denken Sie darüber nach, John.  Wenn wir Valen jetzt töten, werden die Minbari vernichtet sein.
      „Vor tausend Jahren!  Keine Minbari, keine letzte Schlacht, keine Zerstörung der Erde.  Nichts davon wird geschehen sein.  Sie werden immer noch Ihre Anna haben, ich werde noch meine Mutter bei mir haben.  Alles könnte so viel besser sein.”
      „Aber nein.  Bemühen Sie sich nicht zu antworten.  Ich kenne Sie.  Sie sind momentan schlimmer, als Sie es in Zukunft sein werden.  Ich weiß, daß Sie mir nicht helfen werden.  Zumindest nicht freiwillig.”
      „Sie werden Sie holen kommen.  Ihre kleine Minbari-Hure und der eine, der uns alle betrogen hat, die gesamte menschliche Rasse, indem er einer von ihnen wurde.  Sie werden kommen, um Sie zu holen, und wir werden sie töten.”
      „Delenn....” krächzte Sheridan.  „Nein....”  Er stolperte vorwärts und blinzelte....
      Er war jetzt im Mars-Orbit, an Board der Babylon.  Er wußte es einfach.  Er konnte praktisch die ganzen Minbari um ihn herum fühlen.  Er dachte nicht mehr.  Er hatte sich in das dunkle Zentrum seines Kopfes zurückgezogen, in dem der Krieger in ihm lebte.  Er existierte nur um zu töten, aber seiner Crew machte das nichts aus.  Sie empfanden genauso.
      Er konnte das Minbari-Flagschiff voraus fühlen.  Da war etwas.... Ungewöhliches an diesem, etwas Besonderes.  Er raste ihm mit dem Schiff entgegen.  Sheridan wußte, daß er gedeckt wurde.  Captain Maynard - der gute alte Jack - würde Schutz mit seiner
Millennium bieten, und Commander Pierce auf der Hyperion war ebenfalls an Sheridans Seite.
     Keiner von ihnen hatte den Kampf um die Erde überlebt, und nun war es zu spät.  Und dann, ganz plötzlich, konnte er die Minbari sehen, einen Rat aus neun Mitgliedern.  Sie diskutierten, wobei jeder in einer Säule aus Licht stand.  Einer von ihnen drehte sich um, sah ihn an und hob die Hände.
      „John, nein!” schrie Delenn.
      Aber es half nichts, denn er schoß trotzdem.

      Ein Zwinkern, und er konnte Susan wieder in seiner Nähe fühlen.  Aber sie schien ihn nicht zu bemerken.  Das war auch unbedeutend.
      Valen war da.

*    *    *    *    *    *    *

Delenn konnte nur schockiert zusehen, als der Feind wie aus dem Nichts auftauchte.  Sie waren dunkel, groß und sahen furchteinflößend aus, aber sie hatte keine Angst.
      Ich werde nicht zulasen, daß meinen Kleinen etwas passiert, nicht hier in meinem großen Haus.
      Valen war bei ihr und sie schritt in seinem Licht.  Der Titel, der ihr, vermutlich von den Agenten des Feindes, die diese Station kontrollierten, verliehen wurde, ging ihr nicht aus dem Kopf.
      Zha'valen.  Ein Schatten Valens.  Vom Licht verstoßen.
      „Kommen Sie heraus, Susan!”, rief Valen.  Delenn sah, wie sich die Reihen des Feindes öffneten und eine Frau hervortrat.  Sie erkannte Susan Ivanova, oder zumindest die Frau, die einst Susan Ivanova gewesen war.  Sie hatte.... sich verändert.
      Und neben ihr, auf wackligen Beinen und zögernd, mit weit aufgerissenen Augen, stand Captain Sheridan.  Ivanova gab ihm einen Stoß und er fiel hin.  Delenn konnte ihn nur mit Erstaunen ansehen und sich fragen.
      Was er gesehen hatte.  Was ihm erzählt wurde.  Was er getan hatte.  Sie hatte etwas gesehen, das nur eine Vision der Zukunft sein konnte.  Hatte er es auch gesehen?
      Ivanova und Valen starrten sich lange Zeit an.  Delenn sah.... Erwartungen und Wut in Ivanovas Augen und nur Verzweiflung und Trauer in Valens.
      „Es tut mir leid”, sagte er.
      „Mir nicht.  Tötet sie.”
      Die Schatten begannen sich zu bewegen, hörten dann jedoch unvermittelt auf.  Ihre summende Kommunikation tat Delenns Ohren weh, aber sie sah, daß Captain Sheridan noch mehr darunter litt.
      Aus der Dunkelheit erschien ein Vorlone.
      Delenn erkannte ihn.  Es war Kosh.  Er war kurz nach dem Kampf um die Erde zu ihr gekommen und hatte von einem Menschenleben gesprochen und wie dieses eine Leben die Zukunft ihres Volkes verändern würde.  Sie hatte starke Zweifel gehabt, doch dann öffnete sich sein Schutzanzug und sie hatte ihn und Valen in ihm gesehen - nicht Valen, wie er jetzt erschien, sondern Valen, wie sie ihn in einer Vision in ihrer Kindheit gesehen hatte, vor mehr als einer halben Ewigkeit.
      Ich werde nicht zulasen, daß meinen Kleinen etwas passiert, nicht hier in meinem großen Haus.
      Und so hatte sie getan, um was Kosh sie gebeten hatte, und sie hatte das Leben dieses einen Menschen verschont, eines Soldaten, der im Weltall driftete, disorientiert und verwirrt, dem Tod sehr nahe.  Sie hatte arrangiert, daß er geborgen und den Vorlonen übergeben wurde.  Neroon und Draal waren mißtrauisch gewesen, hatten aber aus Respekt und Liebe zu ihr nichts gesagt.
      Und Kosh hatte ihr im Gegenzug ein Geschenk gegeben.  Einen Teil seiner Selbst.  Dieses Stück hatte ihr Wunder und Visionen gezeigt und sie an ihre Bestimmung erinnert.  Es hatte ihr Mut und Durchhaltevermögen während ihrer Gefangenschaft und der Verhöre gegeben.  Bis es ihr entrissen wurde.
      Sie wußte, wo Kosh jetzt war.
      Alle sahen Kosh nun an, sogar Ivanova.  Ihr Mund war halb geöffnet, scheinbar vor Erstaunen, auch wenn ihre Narbe es eher wie ein höhnisches Grinsen aussehen ließ.
      Kosh drehte sich um und sah Delenn direkt an.  Er sagte zwei Worte.
      <Erinnere Dich.>
      Und sein Schutzanzug öffnete sich und ein langsames schleichendes Licht strömte aus.
      Delenn blinkte.
      Erinnere Dich.
      Ich werde nicht zulasen, daß meinen Kleinen etwas passiert, nicht hier in meinem großen Haus.
      Captain Sheridan, wie er sie mit unheimlicher Wut schlug, aber auch die Gnade, als er sie befreite.
      Ein Zentrum aller unser Hoffnungen und Träume als Volk.
      Noch wertvoller für mich selbst.
      .... Seelen reisen viele Leben zusammen, leben die guten Beziehungen von Neuem und korrigieren die schlechten.
      Zha'valen - ein Schatten Valens.
      Mein Name ist John J. Sheridan.  Rang: Captain, Earthforce.
      Ich bin grau.  Ich stehe zwischen der Kerze und dem Stern.
      Minbari, jedoch nicht von Geburt an.
      Neroon.  Sheridan.  Draal.  Dukhat.  Neroon.  Sinoval.  Sheridan.  Lennann.  Ashan.  Welles.  Dukhat.  Miss Alexander.  Sheridan.  Neroon.  Ihr Vater.  Ihre Mutter.  Welles.  Sinoval.

      Gesicht auf Gesicht, Name auf Name, Stimme auf Stimme.  Sie erklangen alle in ihrem Kopf, erschienen vor ihren Augen, in ihrer Erinnerung.  Ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft.

JOHN SHERIDAN

ER RUHT AN EINEM ORT

AN DEM ES KEINE SCHATTEN GIBT.

      Minbar in Ruinen.  Dukhat, wie er in ihren Armen stirbt.  Neroon, wie er sich verabschiedet.  Captain Sheridan, wie er sie schlägt.  Captain Sheridan, wie er sie beobachtet, als sie schläft.
      Kosh, als er in ihren Geist eindringt.  Koshs wahre Form.

      Kosh....
      Das Licht verschwand und Delenn erkannte, daß sie auf dem Boden lag und zitterte.  Als sie aufstand, sah sie, daß Koshs Schutzanzug nicht weit weg wahr.  Er stand noch, doch als sie hinsah, sank er nieder und fiel in sich zusammen.
      Kosh hatte sie verlassen.
      (Und an einem anderen Ort, Lichtjahre entfernt, wachte Lyta Alexander schreiend aus ihren Träumen auf, und wußte nicht warum.)
      Der Feind war ebenfalls verschwunden, bis auf Ivanova.
      Sie stand noch immer, obwohl alle anderen gefallen waren.  Captain Sheridan atmete kaum noch, und sogar Valen war ruhig.  Delenn sah, wie Susan vorwärts rannte und einen Minbari-Kampfstab ausfuhr.  Ihren Kampfstab.  Den, den Ivanova ihr weggenommen hatte, als sie bewußtlos und blutend im Korrider ihres eigenen Heims gelegen hatte.
      Den, den Neroon ihr gegeben hatte, den Durhan ihm gab.  Eine von Durhans legendären neun Klingen.
      Durhan hätte sich nie vorstellen können, daß er einmal von einem Schatten-Agenten geschwungen würde, am wenigsten gegen Valen selbst.
      Delenn reagierte und erinnerte sich an das, was Neroon versucht hatte, ihr über den Kampf beizubringen, an das Training mit ihrem Vater, Durhans Ratschläge.  Sie hatte keine Waffe, aber sie hatte Glauben, Erinnerungen, Überzeugungen, die letztlich nach einer langen Zeit des Zweifels wiederhergestellt waren.
      Sie rammte Ivanova einen Ellenbogen in den Bauch, und die Agentin der Schatten stolperte.   Ein Schlag von unten auf ihren Arm lockerte den Griff um die Waffe und ein weiterer Schlag gegen die Schultern ließ sie den Stab komplett aus den Händen fallen.
      Delenn konnte den Schmerz in den Augen ihres Gegners sehen.  Koshs Opfer hatte etwas in ihr verändert, sie irgendwie beeinflußt.  Susan Ivanova war verändert worden, drastisch und vollständig.  Ob zum Besseren oder Schlechteren, konnte Delenn nicht sagen.
      Sie hob den Stab langsam auf und hielt ihn ihr vors Gesicht.  Er fühlte sich.... falsch an.  Er gehörte nicht mehr ihr.  Ivanova hatte ihn im Kampf geschwungen.... wie lange?  Wahrscheinlich Jahre.  Wie viele hatte sie mit derselben Waffe getötet, mit dem Stab, der Delenn als ein Zeichen der Liebe gegeben wurde?
      Sie zog den Stab wieder ein und trat zurück.  Ivanova fiel hin, und Tränen liefen ihr einziges gesundes Auge hinunter.
      Valen war nun wach, aber Delenn konnte fühlen, wie die Station um sie herum erschütterte.   Sie sah auf, sah sich um und befürchtete halb eine erneute Vision.  Es gab keine, aber sie konnte fühlen, wie Valen ihren Arm nahm.
      „Ihr müßt gehen,” he said.  „Der Zeitspalt destabilisiert sich.  Ihr müßt weg, bevor Ihr hier gefangen seid.  Erinnere Dich daran, Delenn, und bewahre Deinen Glauben.”
      „Immer,” sagte sie.  Captain Sheridan erhob sich, aber noch sehr schwankend.  Er zitterte unkontrolliert.  Sie rannte an seine Seite und half ihm auf.  Mit einem letzten Blick auf Valen verließ sie die Station.
      Und sie verließ damit einen Teil ihrer Zukunft und einen Teil ihrer Vergangenheit, sicher in der Gewißheit ihrer Gegenwart.

*    *    *    *    *    *    *

„Wie fühlen Sie sich?” fragte sie ihn sanft.
      Sheridan stöhnte.  „Krank.  Schlecht.  Erschöpft.  Davon abgesehen, geht's mir gut.”
      Sie lächelte.
      Delenn hatte es mit Hilfe ihres begrenzten Wissens über Shuttles geschafft, sie von der Station weg und zur Babylon zu bringen.  Der Zentralcomputer des Schiffs hatte den Rest des Andockmaneuvers erledigt.  Commander Corwin war mißtrauisch gewesen, als sie Captain Sheridan aus dem Shuttle zog, aber er hatte keine Fragen gestellt und sie ihm keine Antworten gegeben.  Hauptsächlich, weil sie nicht wußte, was sie ihm hätte antworten sollen.
      Commander Corwin hatte ihr sogar erlaubt, im Medlab zu bleiben, während Dr. Kyle Captain Sheridan behandelte.  Seine Wunden waren nicht gravierend gewesen.  Hauptsächlich Schrammen und Erschöpfung.  Er hatte geschlafen und sie hatte ihn beobachtet, hatte sich gefragt, ob er die Bedeutung dieser Geste zu schätzen wußte.
      Fragte sich, ob sie selbst dafür dankbar war.  Er hatte sie mindestens einmal schlafend gesehen, und das war eine Abweichung von traditionellen Ritual.  Aber das hier war sowieso weit von jeder Tradition entfernt.
      Hinter ihr verschwand Babylon 4 und vollendete seine Reise in die Vergangenheit.  Sie wünschte Valen leise viel Glück und dachte über die Zukunft nach.  Über die Bilder, die sie gesehen hatte, sowohl von Minbar als auch von sich selbst.
      Und als Captain Sheridan aufwachte, war sie an seine Seite gegangen.  Sie wurden nicht beobachtet.  Commander Corwin hatte es angeordnet.  Er hatte sicherlich auch etwas gesehen.  Vielleicht instabile Effekte der Zeitverwerfung, die selbst bis hier reichten?
      „Was ist passiert...?” begann Sheridan zu fragen.  „War es.... real oder nicht?  Ich.... habe Dinge gesehen.”
      „Ich ebenfalls,” versicherte sie ihm.  „Ich kann nur annehmen, daß das, was passierte, sich schon immer ereignete.  Valen nahm die Station tausend Jahre in die Vergangenheit mit, wo er den Feind bekämpfte, den grauen Rat erschuf und Hoffnung nach Minbar brachte.”
      „Und die Visionen?”
      „Ich.... weiß es nicht,” antwortete sie vorsichtig.  Es war ihm sichtlich unangenehm, was er gesehen hatte, ihr jedoch auch.  Für den Moment würden sie die Sache ruhen lassen.  Vielleicht später....
      Und dann zeigte sie ihm den Stab, den sie Ivanova abgenommen hatte, den Stab, den Ivanova ihr weggenommen hatte.  „Ich möchte Ihnen dies schenken” sagte sie.  Sie sah, daß er es erkannte.  „Es fühlt sich.... an mir nicht mehr richtig an, und Sie haben genauso viele gefährliche Feinde wie ich.  Ich fühle, daß Sie ihn brauchen werden.”
      „Ich weiß nicht, wie man ihn benutzt,” sagte er.
      „Dann werde ich es Ihnen beibringen.  Aber Sie müssen vorsichtig sein.  Es gibt nun zwei Kopien dieses Stabes in dieser Zeitlinie.  Diesen und den, der mir schon vorher abgenommen wurde, den, der noch nicht in diese Zeit zurückgebracht wurde.  Einige Krieger glauben, daß eine Waffe die Kraft seines Besitzers in sich birgt.  Diese Waffe hat jetzt zwei Inhaber.”
      „Ich seh schon.  Ich.... denke, ich habe auch etwas für Sie.  Der Doktor hat es in dem Schubfach dort verstaut.”  Delenn öffnete die Schublade, auf die er gezeigt hatte, und entnahm ein kleines metallenes Triangel.
      Sie nahm das Triluminarium langsam höher und lächelte.  „Danke sehr,” sagte sie.
      „Nun, werden Sie dann meine Seele damit testen?”
      „Dafür gibt es keinen Grund.  Ich habe Ihre Seele bereits gesehen. Und meine.”
      „Diese.... Dinger auf der Station.  Sie waren der Feind, oder?  Die Schatten?”
      „Ja, das waren sie.”
      „Sie versuchen nicht wirklich uns zu helfen, oder?”
      „Das bezweifle ich.”
      „Ich werde nichts tun, das meinem Volk schadet, das erkennen Sie sicher.”
      „Ja.”
      „Und ich werde nicht gegen sie kämpfen.  Für den Moment.  Aber.... Es könnte sein, daß ich das in Zukunft muß.  Bitte erzählen Sie mir davon....”
      „Es gibt etwas anderes, daß ich Ihnen vorher noch erzählen muß,” flüsterte sie und erinnerte sich an das Bild ihrer eigenen Reflektion im schlammigen Wasser auf Minbar.
      Und sie erzählte ihm von der Prophezeiung, und von Valen und der Chrysalis.
      Und John hörte zu.

*    *    *    *    *    *    *

„Ich wünschte, er könnte mir einfach sagen, worum es geht,” stöhnte Corwin vor sich hin und es störte ihn auch nicht, daß die einzige Person, die ihn hören konnte, Marcus war, der aber nichts sagte.  Corwins Beschwerden waren sowieso nicht ernst gemeint.  Der Captain war nun mal der Captain und er mußte nichts erklären.
      Obwohl er gerne gewußt hätte, warum der Captain aus dem Medlab entlassen wurde, obwohl Dr. Kyle auf einen weiteren Tag kompletter Bettruhe bestanden hatte.  Sie waren noch nicht einmal auf Proxima zurück.
      Die Tür zum Bereitschaftsraum öffnete sich und der Captain trat ein.  Satai Delenn war bei ihm und Corwin schaffte es sein Gesicht nicht zu einer Maske der Mißbilligung zu verzerren.   Was ging es ihn an, was der Captain tat?
      „Danke, daß Sie beide hier hergekommen sind”, sagte der Captain.  „Ich traue Ihnen beiden mehr als jedem anderen auf diesem Schiff.  Ihnen, David, weil.... nun.... Sie haben schon so lange an meiner Seite gekämpft.  Ich habe nie Grund gehabt, an Ihnen zu zweifeln, und ich bin mir sicher, daß ich das auch nie werde.   Und Ihnen, Marcus, weil Sie die meisten der Dinge gesehen haben, die ich auch sah.
      „Was wir Ihnen nun sagen, muß vorerst geheim bleiben.  Wir werden später wahrscheinlich noch andere zu dieser kleinen Konspiration hinzuziehen, aber vorerst dürfen nur wir vier davon wissen.
      „Wir werden Ihnen genau erzählen, was wir auf Babylon Vier gesehen haben, aber zuerst ein paar Hintergrund-Details.  Delenn?”
      Satai Delenn drehte sich leicht in ihrem Sitz und legte ihre Hände auf den Tisch.
      „Es gibt Lebewesen im Universum, die Millionen von Jahren älter als jede unserer beiden Rassen sind”, begann sie zu sprechen.  „Riesig und zeitlos, wanderten sie zwischen den Sternen, wie Giganten.  Die ältesten wurden die Schatten genannt.
      „Wir haben für sie keinen anderen Namen....”



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